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Die zumindest vorläufige Entspannung des geopolitischen Großkonflikts zwischen Israel und Iran unter Beteiligung der USA lenkt den Blick zurück auf zwei Themenkomplexe, die zuletzt zu Unrecht an Aufmerksamkeit verloren hatten: die Zollfrage sowie die Haushaltsplanung der USA für die kommenden Jahre. Und mittendrin steckt die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in einer schwierigen Lage.
Die Handelsvereinbarungen der Vereinigten Staaten mit Großbritannien und die gut verlaufenen Verhandlungen mit China sind insbesondere an den Aktienmärkten positiv aufgenommen worden. Möglicherweise gelingt auch noch eine Einigung mit wichtigen Handelspartnern wie der Europäischen Union (EU) und Japan. Dennoch gibt es keinen Anlass zu allgemeiner Euphorie: Das generelle Zoll-Niveau auf US-amerikanische Importe wird letztlich mindestens dreimal so hoch sein wie vor dem Amtsantritt Trumps. Und von diesem Präsidenten ist kaum zu erwarten, dass Zölle in seiner Politik künftig keine Rolle mehr spielen werden. Die absehbare unmittelbare Folge sind steigende Importpreise und damit wieder anziehende Inflationsraten. In den bis Mai vorliegenden Daten ist davon wenig zu sehen, aber letztlich werden entweder die Konsumenten in Form höherer Verbraucherpreise oder die Unternehmen mit geringeren Gewinnmargen die Zölle bezahlen müssen. Die Preiskomponente des Einkaufsmanagerindex kletterte zuletzt auf den höchsten Stand seit drei Jahren. Das zeigt: Im Hintergrund droht Ungemach.
Pünktlich zum Nationalfeiertag am 4. Juli möchte Trump den „One Big Beautiful Bill Act“ (OBBBA) unterzeichnen. Wenn der Abgleich der vorliegenden Entwürfe zwischen Senat und Repräsentantenhaus gelingt, könnte das klappen. Klar ist aber: Die jährlichen Defizite des US-Haushalts werden aller Voraussicht nach auf jeden Fall groß bleiben – und den Schuldenstand weiter steigen lassen. Erfahrungsgemäß werden die Akteure an den Aktienmärkten sich zunächst über die im OBBBA enthaltenen Steuersenkungen freuen, während ihre Kollegen am Rentenmarkt auf die weiter erodierende Tragfähigkeit der staatlichen Verschuldung mit höheren Zinsforderungen für US-Staatsanleihen reagieren dürften. Ein weiter steigendes Zinsniveau wiederum wäre prinzipiell problematisch für die Konjunktur, wie man derzeit schon an der Entwicklung der Häusermärkte und der Bautätigkeit sehen kann. Und auch Daten zum Konsum zeigen erste Signale, dass die Kauflaune der US-Amerikaner nicht mehr uneingeschränkt positiv ist.
In dieser Gemengelage befindet sich die Fed mit ihrem doppelten Mandat – Preisstabilität und maximale Beschäftigung – in einer schwierigen Lage: Mit Blick auf die absehbare Inflationsentwicklung verbieten sich Zinssenkungen, angesichts der voraussichtlichen Konjunkturentwicklung wären sie hingegen durchaus wünschenswert. Offiziell halten sich die Notenbanker beide Optionen offen. Hinter den Kulissen wird dagegen offenbar heftig darum gerungen, inwieweit man zollbedingte Inflationseffekte als „vorübergehend“ ansehen soll – was den Weg zu Zinssenkungen frei machen könnte. In aller Öffentlichkeit wiederum beschimpft der Präsident derweil den von ihm selbst eingesetzten Notenbankchef in einer Weise, die für die künftige Unabhängigkeit geldpolitischer Entscheidungen das Schlimmste befürchten lässt. Die Politisierung der Fed in den Diensten der MAGA-Bewegung hätte das Potenzial, die Kapitalmärkte ganz grundlegend zu erschüttern. Die Absicht, schon jetzt, knapp ein Jahr vor dem Ende der Amtszeit von Powell eine Art Schattenpräsidenten zu installieren, hat die Nervosität an den Märkten bereits steigen lassen.
Es stehen spannende Tage und Wochen bevor, eine echte Sommerpause ist an den US-Märkten eher nicht zu erwarten. Da US-Aktien, Treasuries und der Dollar trotz des bereits erlittenen Vertrauensverlustes noch immer einen dominierenden Einfluss auf das Weltgeschehen haben, gilt das auch für Europa und andere Regionen weltweit.